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AutorenbildLa Loba Tauss

Nachhaltigkeit in der Modeindustrie Teil 2 - Recycling & Konsum


Nicht Baumwolle, sondern das synthetische Polymer Polyester ist der am Häufigsten verwendete Stoff für Bekleidung. Etwas 72% der Kleidung wird weltweit komplett oder zumindest anteilig auf Polymerbasis hergestellt.


Pro Jahr werden für die Herstellung dieser Polyesterfasern etwas 70 Mio Barrel Erdöl (1 Barrel entspricht 159 Liter) verwendet. Polyester ist pflegeleicht und langlebig. Jedoch hat ein aus Polyester hergestelltes Hemd den doppelten CO2 Fussabdruck (5.5 kg Kohlendioxid im Vergleich zu 2.1 kg bei einem Baumwollhemd).

Eine mögliche Lösung könnte hier sein auf recyceltes Polyestergewebe umzusteigen, um die CO2 Emmissionen zu reduzieren. Recyceltes Polyester setzt lediglich die Hälfte bis 1/4 der Emmissionen von neuem Polyester frei. Jedoch ist auch diese nicht langfristig zu betreiben, da Polyester Hunderte von Jahren braucht, um sich zu zersetzen und somit Microfasern in die Umwelt gelangen.


Die Wäscheindustrie nimmt hier innerhalb der Modebranche sicherlich eine spezielle Rolle ein. Viele Wäscheprodukte werden mittlerweile auch aus natürlichen Fasern, wie Baumwolle und Seide gefertigt. Bei der Bademode und auch im Sport- sowie Loungewearbereich sieht es jedoch da ganz anders aus. Diese werden zum grossen Teil aus Fasermischungen und mit Elasthan hergestellt. Elasthan besteht aus synthetischen Fasern, die aus Plastik gewonnen werden. Die Herstellung von Elasthan verbraucht nicht nur fossile Brennstoffe sondern verringert auch die Recyclingfähigkeit und erhöht somit weiter die Umweltbelastung.


Somit ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr Firmen ihr Augenmerk auf die Herstellung von Mode aus umweltverträglicheren Materialien setzen. Jedoch sind natürliche Materialien nicht unbedingt nachhaltiger. Grosse Mengen an Wasser, Bleichmittel, Farbstoffe und lange Transportwege werden benötigt. Bio Baumwolle ist sicher besser für alle Beteiligten, jedoch ist der Wasserverbrauch für Bio Qualität um einiges höher. Viele Unternehmen sind derzeit bestrebt Abfälle aus Holz, Obst und anderen natürlichen Materialien für die Herstellung von Textilien zu verwenden, Stoffe auf alternative Weise zu färben oder neue - biologisch abbaubare - Materialien zu entwickeln. Neue Garne wie Seaqual und Q-Nova, die aus PET Flaschen oder aus dem Meer gesammelten Plastik hergestellt werden, sind ein gutes Beispiel für diese Innovationen.


Nachhaltigkeit - heisst jedoch nicht nur die Herstellungsprozesse zu beleuchten, sondern auch Produktions- und Lieferkette. Wir wissen es seit Jahren: Die meisten Kleidungsstücke werden in Ländern hergestellt, in denen die Arbeitnehmerrechte eingeschränkt sind oder faktisch gar nicht existieren. erinnert euch als 2013 in Bangladesch 1.134 Textilarbeiterinnen ums Leben kamen und über 2.500 Menschen verletzt worden sind. Damals wurde eine weltweite Kampagne gegen die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in der Modeindustrie ausgelöst. Doch auch heute wird weiterhin in unsicheren Gebäuden produziert. ArbeiterInnen müssen in der Regel ohne Belüftung arbeiten und atmen giftige Substanzen, Faserstaub oder gestrahlten Sand ein. Unfälle, Brände und Verletzungen sind immer noch häufige Vorkommnisse in der Textilproduktion in Niedriglohnländern. Fast Fashion Konzerne nutzen das Elend armer Bevölkerungsgruppen aus, die keine andere Wahl haben, um zu überleben.


Viele Modemarken versichern Ihrer Kundschaft mittlerweile, dass ihre Angestellten den gesetzlichen Mindestlohn erhalten - doch was heisst das eigentlich?

In Herstellungslängern wie China, Bangladesch oder Indien macht der Mindestlohn zwischen der Hälfte und 1/5 des existenzsichernden Lohnes aus. Dieser beinhaltet das absolute Minimum, das eine Familie benötigt, um ihre Grundbedürfnisse - wie Nahrung, Miete, Bildung, Gesundheitsversorgung usw. - abzudecken. Marken, die sich auf den Mindestlohn berufen, prahlen also in Wahrheit damit, ihren Angestellten bis zu 5x weniger zu zahlen, als diese tatsächlich benötigen, um in Würde leben zu können. Applaus dafür darf es nicht geben.


Während ein wachsender Teil der Öffentlichkeit bewusster mit diesem Thema umgeht, gibt es immer noch Viele, die noch nicht ausreichend darüber aufgeklärt und informiert worden sind, dass ihre Kleidung möglicherweise zur Klimakrise und zur Ausbeutung von Menschen beiträgt. Umso lobenswerter, dass sich Non Profit Unternehmen, wie Fashion Revolution (auch in der Schweiz) engagieren um aufzuklären, zu sensibilisieren und dem Wunsch nach nachhaltigeren Ansätzen und fairer Produktion Ausdruck zu verleihen.


ALLE MÜSSEN IHR VERHALTEN ÄNDERN! Jeder von uns kann etwas dafür tun.


Der Rückgang der Bekleidungspreise in den letzten 20 Jahren hat es einer breiten Bevölkerungsschicht ermöglicht, immer mehr Kleidung zu kaufen. VerbraucherInnen in den westlichen Ländern verfügen über 5x MEHR Bekleidung als ihre Grosseltern. In unserer konsumorientierten Geselsschaft sind wir als KonsumentInnen darauf trainiert, schnelle Mode als angenehm zu empfinden.


Nach Angaben der Ellen MacArthur Foundation ist die durchschnittliche Frequenz, die ein Kleidungsstück getragen wird, zwischen 2000-2015 um 36% zurückgegangen. Im gleichen Zeitraum hat sich die Bekleidungsproduktion verdoppelt. Nach Angaben der Weltbank werden 40% der in einigen Industrieländern gekauften Kleidung niemals benutzt. Hinzu kommen neue Konsumkanäle - wie das Online-Shopping, die zu massiven Veränderungen im Verbraucherverhalten und zu einer schnellen Modekultur beigetragen haben. Es wird mehr gekauft, als verbraucht wird. Ein Grossteil, der nach Hause gelieferten Waren wird wieder zurückgeschickt. Damit verdoppeln sich nicht nur die durch den Transport verursachten Emmissionen - für das Unternehmen kann es ausserdem billiger sein, die Retouren zu verbrennen oder zu entsorgen, statt sie für den erneuten Verkauf aufzubereiten. Das heisst, dass nicht nur CO2 Emmissionen, die bereits bei der Herstellung entstanden sind, verschwendet werden, sondern weitere Emmissionen hinzu kommen, die durch die Entsorgung durch verrotten oder verbrennen entstehen. Die US -Umweltschutzbehörde schätzt, dass allein im Jahr 2017 10.2 Mio Tonnen Textilien auf den Deponien landeten und davon 2.9 Mio Tonnen verbrannt worden sind.


Es gibt jedoch Lösungen und Alternativen um diese Probleme zu mildern!

Der 1. Schritt besteht darin, BEWUSSTSEIN und BEREITSCHAFT

zur Veränderung zu schaffen!


- Bestelle und kaufe nur das, was du

wirklich behalten willst und nicht

weil es billig ist

- Entscheide dich für qualitativ

hochwertige Bekleidung, die

nachweislich häufiger und länger

getragen wird

- entdecke das Nähen als Hobby und nähe dir deine eigenen Sachen, die dann auch wirklich passen und deine Persönlichkeit unterstreichen (wer Lust auf dieses Experiment hat, kann sich gerne bei mir melden - ich unterrichte Anfänger- und Fortgeschrittene Nähkurse privat und an der Migros Klubschule in Bern)


Wer ein Kleidungsstück nur 9 Monate länger trägt, kann die negativen Umweltaus-wirkungen um 20-30% verringern.


Aus Sicht des Handels - wird es langfristig rentieren, KundInnen davon zu überzeugen, lieber mehr Geld für ein langlebiges Produkt auszugeben, als den gleichen Betrag für diverse Produkte in minderer Qualität und fragwürdigem Hintergrund.


MEIN PERSÖNLICHER BEITRAG:


Ich habe mich seit Beginn 2019 entschlossen, nur noch etwas zu kaufen, wenn ich es wirklich brauche, da ich meine Kleider sehr liebe und sie auch lange trage. Mein eigener Stil geht mit der Mode nicht unbedingt einher und somit nähe ich meine eigenen Kleider selbst, insofern ich dazu komme. Es ist eine Entscheidung - ich hatte genug von dem immer Gleichen - alles sieht ähnlich aus - die Farben, die ich möchte, gibt es eh nicht im Handel und damit bleibt mehr Raum für die eigene Kreativität und wunderschöne Kleider, die es einem auch nicht so schnell verleidet.


Ich hoffe, ich habe euch doch einige Inputs zum Nachdenken geben können.


Fortsetzung folgt....


Quelle: Linie 04/2020

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